Die Tür glitt mit einem ohrenbetäubenden Quietschen auf und Dylan wusste nicht, ob er lachen oder schreien sollte. Verhext, ja, das war dieser Ort. Hogsmeade, Hogwarts und die Heulende Hütte auch gleich mit. Kein Wunder, schließlich lebten hier ausschließlich Hexen und Zauberer. Hörte man ja schon am Namen. Alles mit ‚H’…
Holzdielen knarrten unter seinem Gewicht, auch, wenn er sehr langsam und vorsichtig ging, um nirgendwo einzubrechen. Wichtel hin oder her, die Hütte war auch so schon baufällig genug. Im matten Halblicht schälte sich etwas Großes, Protziges aus der Dunkelheit, als Hazels Zauberstablicht hinter ihm auftauchte und seinen Schatten in den Raum warf.
Ein Himmelbett stand mitten im Raum, die Vorhänge waren halb zugezogen und teilweise so durchlöchert, dass sie mehr zeigten als verbargen. Früher mochten sie einmal eine leuchtende, kräftige Farbe wie Blau oder Rot gehabt haben, aber nun hatte sich der Staub so tief in den Stoff gegraben, dass nichts weiter als graue, bröselige Masse zurückgeblieben war.
Dylan streckte neugierig die Hand danach aus. Anders als die erste anzunehmende Erwartung zerfiel er nicht, sondern gab unter seiner Bewegung nach. Jahrzehnte alter Staub rieselte zu Boden. Kurz entschlossen packte Dylan den Stoff ganz und zog ihn zur Seite, so dass er freie Sicht auf das Bett hatte, das wohl das einzige war, das diesen Raum füllte.
Noch mehr Staub, mottenzerfressener Stoff und farblose Kissen starrten ihm entgegen, kurz vernebelte ihm der feine Dreck die Sicht. Unter der Tagesdecke, die aussah, als stamme sie aus den Zeiten Merlins, hab sich ein kleiner, kastenförmiger Gegenstand ab. Als Dylan sich zu Hazel umdrehte, lag das kindlich faszinierte Glitzern in seinen Augen, das bei jedem anderen wie Wahnsinn oder Gier gewirkt hätte.
Der Slytherin ließ den Mund geschlossen, denn er wusste einfach nicht, ob er zuerst mit Hazel sprechen musste oder ob er einfach die Decke zurückschlagen durfte. So etwas, was die Lehrer ‚Teamarbeit’ nannten, war ihm bisher fremd gewesen, aber schließlich hatte Hazel den Eingang entdeckt.
Was soll’s…, schoss es ihm durch den Kopf. Es war nicht gerade produktiv, hier vor sich hin zu starren und immerhin konnte sie ihm ja über die Schulter gucken. Also wandte er sich wieder um und griff nach dem Stoff.

Als das quietschen in Hazels Ohr drang, zuckte die Slytherin etwas zusammen. Nachdem ihre Augen den beleuchteten Raum nach etwas 'außergewöhnlichem 'absuchten, erblickte sie nur ein altes, sehr altes, Himmelbett. Während Dylan das Bett, beziehungsweise den Stoff, durchforschte, kam es Hazel wieder so vor, als würden die beiden Schüler von etwas verfolgt.  Ich schwöre bei Merlin, wenn jetzt hier etwas rausspringt knall ich das Ding bis ins Nevada ab..
Nervös stand das Mädchen da. 
Krieg dich ein Rewes. Deine Phantasie spielt mit dir. Konzentrier dich auf das, was sich in der Realität abspielt.
Nach dem kurzen Monolog bemerkte sie, wie Dylan sie ansah, kurz darauf sich jedoch erneut dem Stoff zu wand. Sie lächelte kurz, sah sich dann weiter um und sah, so dachte sie jedenfalls, dass sie es gesehen hatte, Spinnenweben. Erneut ein Krabbeln. Hazel erhaschte sich kurz einen Blick nach hinten, wurde nervöser. Als zum keine Ahnung wievielten Male ein Krabbeln in Hazels Gehör eindrang verlor sie nun fast endgültig die Nerven.  ,,Dylan, ich werde hier mal rausgehen. Komm schnell nach, ja?", flüsterte die junge Hexe und lies die Lichtkugel aus der Spitze empor schweben und beschwor sich eine neue auf.  Wahrscheinlich hatte Dylan sie kaum gehört, doch ehe sie ihn erneut ansprechen konnte, war sie schon verschwunden. 

Heulende Hütte - Wohnzimmer

Er hörte nichts, sah nichts. All seine Sinne waren vernebelt, oder besser: verstaubt. War wohl doch keine so gute Idee gewesen, die Decke so schwungvoll wegzuziehen.
Dylan konnte ein Husten nicht unterdrücken und schickte den aufgewirbelten Staub mit einer wegwerfenden Handbewegung und ein bisschen Magie in den hintersten Winkel des Zimmers.
Vor ihm war auf zerfetzten Kissen, aus denen weiß mit einem leichten Grünschimmer – Schimmel nicht ganz unähnlich – das Futter quoll, fast schon liebevoll ein Buch gebettet. Dylan konnte nicht anders, er starrte es an.
Der Einband mochte einmal in strahlenden Tönen oder in Erdfarben oder ganz in schwarz gewesen sein. Genau ließ sich dass nicht feststellen, jetzt hatte es jedenfalls alle Farben verloren, war aschgrau geworden. Der Zahn der Zeit schien seit Jahrhunderten daran zu nagen, der einst sicher vergoldete Titel war bis zu Unkenntlichkeit abgeblättert.
Langsam, bedächtig, steckte Dylan die Hand danach aus, besann sich dann jäh eines Besseren, zog sie ruckartig zurück und spannte erst einen Muskel im Oberarm an, um das Buch mit allen Schutzzaubern gegen Zerfall zu belegen, die sein Vater ihm je beigebracht hatte; und dann einen weiteren, um das Teil vorsichtig in eine schwebende Position zu bugsieren. Es anzufassen oder in seine Tasche zu stopfen traute er sich trotz der Beschwörungen nicht. Erst, als er zu Hazel herumfuhr, um ihr seinen Fund zu zeigen, bemerkte er, dass sie verschwunden war.
Momente der Stille rieselten geisterhaft statt dem Staub zu Boden. Dylan erwischte sich dabei, wie er den Atem anhielt, während sein Blick gehetzt durch das ganze Zimmer und durch die offene Tür auf den Flur huschte. Wo hatte sich das verfluchte Mädchen denn jetzt schon wieder auf Entdeckungstour begeben? Dylan trat langsam hinaus auf den Korridor.

Heulende Hütte - Korridor